Weil heute Sonntag ist: Zeige mir, wie Du Deinen Kaffee trinkst und ich sage Dir, wer Du bist.

GourmetGuerilla_Kuechenfliesen1Die Kaffeekultur ist in Deutschland so ausgeprägt wie nie zuvor. Wenn Ihr mich fragen, hat der Kaffee das Auto als der Deutschen liebstes Kind schon lange abgelöst. Die Zahl der Haushalte, in denen das braunschwarze Gebräu ausschließlich in einer herkömmlichen Kaffeemaschine mit Filtertüte zubereitet wird, sinkt so langsam gegen Null. Die Nation rüstet auf für die Zubereitung des Morgenkaffees.

Ein Besuch in einem der großen Technikmärkte macht die Situation auf einen Blick sehr anschaulich: Die Abteilung „Kaffeezubereitung” nimmt inzwischen so viele Quadratmeter ein wie Weißwaren (Wasch-, Kühl- und Trockenmaschinen), 3D-Entertainmentsysteme und Fotoapparate zusammen. Staunend wandelt man zwischen unzähligen Modellen und Marken. Und erst die Farben! So etwas gab es früher nur als Sonderlackierung für Monster Trucks – ist das da drüben etwa Glitter in Pink? Unzählige Pad- und Müll schleundernde Kapselmaschinen wetteifern mit den klassischen Siebträgersystemen um die genussaffine Kundschaft. Die herkömmliche Kaffeemaschine darf gerade noch am Rande mitspielen – aber auch nur, wenn sie besonderen Designansprüchen genügt.

Auch die TV-Werbung spiegelt die Trendwende in Sachen koffeinhaltige Heißgetränke deutlich wider. Die harmonische Familie am sonntäglichen Kaffeetisch ist out. Dafür kennen alle George(!) im Zwiegespräch mit Gott über die Aluhütchen mit Kaffeefüllung. Das Wort „Volluto” ist inzwischen ebenso erotisch aufgeladen wie früher die Werbespots für metrosexuelle Parfums.

Aber wie ist er denn nun am besten herzustellen, der leckerste aller Frühstückskaffees? Nun, das kommt – Gott sei Dank – ganz auf Euch und Euren Geschmack an. Und vor allem darauf, was Ihr so für ein Typ seid: Bist Du der strenge, starke Typ, der den Kaffee ausschließlich schwarz wie die Nacht und ohne Chichi trink? Offenbart sich in Dir eher der Ordnungsfanatiker durch drei ordentlich getrennte Latte-Macchiato-Lagen? Oder bist Du doch eher der wollüstige Genuss-Typ, für den alles ohne Haselnuss- oder Kokos-Flavour an Körperverletzung grenzt?

Tja … da offenbaren sich ganze Persönlichkeitsprofile, glaubt mir. Fast wartet man darauf, dass die Frage nach der bevorzugten Kaffeezubereitung auch demnächst den Bewerbern um einen Arbeitsplatz gestellt wird. Knallhartes Assessmentcenter: „Wie machen Sie morgens Ihren Kaffee?”

Jetzt verrate ich Euch mal, wie es bei uns zu Hause so zugeht. Ich bin nämlich eine ziemlich zerrissene Persönlichkeit mit einem multiplen Kaffee-Profil: In der Woche geht es mir morgens mit Kind und Kegel hauptsächlich um Schnelligkeit. Da trinken der Mann und ich (Achtung!) Instantkaffee mit einem Schluck Milch. Immer. Jeden Morgen. Genau eine Tasse. Bitte erzählt das nicht weiter – es könnte meinem Image schaden!

In der Firma habe ich bei der automatichen Espresso-Machine inzwischen meinen perfekte Tastenkombination gefunden: die Taste „Milchkaffee” mit der Stärkeeinstellung „extra” mit exakt 9 Sekunden Milchschaumstrahl.

Aber am Wochenedne drehe ich dafür dann voll auf und falle ins andere Extrem: Ich mahle meine 100% Arabica-Bohnen von Hand in einer alten Kaffeemühle. Das so gewonnene Kaffeepulver wird liebevoll in das Sieb einer kleinen italienischen Espressokanne für den Herd gelöffelt. Dann lauere ich minutenlang vor der heißen Herdplatte und beobachte, wie erst ein paar Tropfen aus dem Ventil in die Kanne rinnen. Dann kommt mit einem scharfen Zischen eruptionsgleich der ganze, wunderbare Espresso in die Kanne geschossen. Mit Crema! Dazu schlage ich in einem Emailletöpfchen heiße Milch von Hand mit einem kleinen Schneebesen schaumig. Espresso und Milch gehen dann in meiner Lieblingstasse eine unvergleichliche Verbindung ein.

Bitte nicht stören, ich trinke meinen Wochenendkaffee.

Und wie hast Du ihn am liebsten, Deinen Kaffee?