Und obendrauf PAR-ME-SELLO! Immer wenn es irgendwo um Parmesan geht, habe ich direkt diesen Satz aus einem Werbespot der 80er im Ohr. Der – geschickter Weise Parmesello genannte – weiße Käse aus dem kleinen Tütchen, sollte als krönender Abschluss auf ein Spaghetti-Fertiggericht gebröselt werden. Mit Parmesan hatt(e) das ganze eigentlich überhaupt nichts zu tun. Und ich kann mich immer noch sehr gut an diesen ganz … ähhh … eigentümlichen, ziemlich speziellen Geruch erinnern, wenn man das Tütchen aufgerissen hat. Ihr wisst wovon ich spreche? Genau! Uhh.
Der Mann (aka das freundliche mobile Lexikon der Familie) hat mir letztens bei einem kleinen abendlichen Plauderstündchen hinterbracht, dass ein ganz bestimmtes zickiges Enzym für den Geruch verantwortlich ist. Und den kennen wir auch aus Situationen, die nicht so richtig viel mit Essen zu tun haben. Eher mit dem Gegenteil. Gut, dass wir das jetzt auch wissen.
Richtiger Parmesan ist ein tolles Lebensmittel und riecht eigentlich nie komisch. Ich habe natürlich (wie in den allgemeinen Lebensweisheiten für Frauen zwischen 19 und 65 festgehalten) auch immer ein Stück davon im Kühlschrank. Das liegt brav wartend in seiner Plastikverpackung und wird oft auf das gerieben, was lecker ist und noch ein letztes I-Tüpfelchen braucht: Nudeln, Gemüse, kurz gebratene Steaks, Salat … Eigentlich sehr schade, dass man ihn nicht auch in Rotwein reiben kann. Die beiden vertragen sich doch so gut.
Ansonsten habe ich mir nie viel Gedanken um das keilförmige Stückchen Käse in meinem Kühlschrank gemacht. Bis letzte Woche. Da hatte ich die große Freude in der Cucina Cornelia Poletto zu einem kleinen Parmesan-Wokshop mit Kochevent eingeladen zu sein. Und ich sage euch: Wer einmal vor einem 35-Kilo-Laib Parmigiano Reggiano gestanden hat, der hat eine neue Idee von umwerfenden Essen. Außerdem gab es riesige Stücke von unterschiedlich lang gereiftem Parmesan und (natürlich) richtig köstliches Essen. (Ich sage nur: Warme Parmesan-Praline mit flüssigem Kern! Das Rezept gibt es weiter unten.)
Ich mach es jetzt einfach kurz und zeige euch ein paar Impressionen und meine neu gesammelten Weisheiten über Parmesan:
10 spannende Fakten über Parmesan und Parmigiano Reggiano, die ihr bestimmt noch nicht alle kennt
1. Der Parmesan Parmigiano Reggiano ist ein Produkt mit geschützter Ursprungsbezeichnung, das bedeutet, dass er am Ursprungsort hergestellt und weiterverarbeitet wurde und ganz bestimmten Fütterungs- und Kennzeichnungsvorschriften erfüllt. Die Micherzeugung und Käseherstellung für einen Parmigiano Reggiano erfolgen daher immer in den italienischen Provinzen Parma, Reggio, Emilia, Modena, Bologna und Mantua.
2. Für die Herstellung des Parmesan wird grundsätzlich nur Rohmilch verwendet (meist eine Mischung aus Morgen- und Abendmilch), die von Kühen ohne Silofütterung oder fermentiertes Futter produziert wurde. Die Milch muss grundsätzlich zwei Stunden nach dem Melken in der Käserei eintreffen, daher liegen die Käsereien meist auch in unmittelbarer Nähe der Bauern. Zusatzstoffe jeder Art sind im Parmigiano Reggiano übrigens nicht erlaubt.
3. Für einen Laib Parmigiano Reggiano von ca. 35 kg werden 550 Liter Milch verwendet. Das sind gut 16 Liter Rohmilch pro Kilogramm Käse.
4. Ein Parmigiano Reggiano reift immer mindestens 12 Monate und darf dann erst in den Handel kommen. Länger gereifter Parmesan entwickelt ganz unterschiedliche Geschmacksstadien: Mit 12 Monaten ist er noch jung und recht säuerlich, zwischen 28 und 36 Monaten entfaltet er sein volles Aroma und mit 72 Monaten ist er sehr nussig, süßlich und besonders satt in der Farbe. Danach ist es wie bei Rotwein: Wird er zu alt, verliert er die besten Aromastoffe und sinkt in der geschmacklichen Qualität.
5. Mit längerer Reifezeit wird der Parmesan immer besser verdaulich, da die langen Eiweissketten aufgespalten werden.
6. Die Kristalle, die man im länger gereiften Parmesan findet, sind keine Salzkristalle sondern entstehen durch die freie Aminosäure Tyrosin und sind ein Zeichen für den langen und natürlichen Reifeprozess.
7. Parmesan ist laktosefrei, da der Milchzucker wird während der Reife abgebaut wird.
8. Parmesan ist kohlenhydratfrei.
9. In jedes Rad Parmesan wird mit einer Matritze der typische Schriftzug Parmigiano Reggiano sowie die Registrierungsnummer der Käserei und Monat und Jahr der Herstellung eingeprägt. Durch diese Plakette kann jeder Käse zum Erzeuger zurückverfolgt werden.
10. Nur 30% der Parmigiano Reggiano-Produktion geht in den Export. Deutschland und Frankreich teilen sich abwechselnd den Spitzenplatz beim Import von Parmesan. Den Rest essen die Italiener einfach selber auf. Und das kann ich nur zu gut verstehen
Natürlich haben wir nicht nur über die Theorie gesprochen, sondern hinterher auch selber an den Töpfen und Schüsseln gestanden und mit Cornelia Poletto zusammen ein tolles Parmesan-Menü gekocht.
Wer Frau Poletto nur aus dem Fernsehen kennt und sie eher als kühle Blonde aus dem Norden verortet hat, sollte sie unbedingt mal in einem ihrer Hamburger Restaurants kennenlernen. Sie ist total warmherzig, erzählt frei von der Leber weg amüsante Geschichten und gibt einem sofort das Gefühl, dass man wirklich herzlich willkommen ist.
Außerdem versteht sie es bei ihren Kochkursen, auch eher zögerliche Menschen, die sich eigentlich lieber den Abend über an ihrem Glas festhalten wollen, ganz nonchalant einzubinden: „Haben Sie vielleicht gerade Lust, sich hier mal um die Füllung zu kümmern?” Und schwupps: schon ist man mittendrin im Geschehen.
Die Füllung für diese Ravioli mit 72 Monate altem Parmesan war übrigens mein Job. Und auch das Zusammenfalten der Teigblätter war einfacher, als ich mir vorgestellt habe. Beim Kochen ist auf jeden Fall keine einzige Ravioli aufgegangen. Ha, Frolleinstolz!
Auf zum Essen:
Ein kleines Parmesan-Menü mit Parmigiano Reggiano
Als Tellerchen auf die Hand (weil ja alle gerade von der Arbeit kamen und Hunger hatten) gab es Pasta aus dem Parmesanlaib mit Trüffel. Seufz.
Als Vorspeise hatten wir Carpaccio vom Kalb mit Wildkräutern und einer gebackenen Parmesan-Praline. Die Praline hat es mir sehr angetan: Außen knusprig und innen mit einem heißen, flüssigen Kern. Doppelseufz.
Die Ravioli kommen mit Füllungen vom unterschiedlich gereiftem Parmesan und einem großzügigen Schuss Nussbutter. Superköstlich! Die kleinen Dinger sehen eher harmlos aus – aber mehr als drei kann man kaum schaffen.
Das Müritzer Lamm mit Parmesankruste, Artischocken im Sud und Gnocchi ist wunderbar gegart. Die Artischocken vertragen sich ganz großartig mit den schmelzenden Gnocchi. Ich komme hart an die Grenzen meiner Kapazitäten!
Zum Nachtisch gibt es – na klar – Parmesan mit hausgemachtem Feigensenf, Zwiebelmarmelade und sehr cremig-mildem Aceto Balsamico. Ein schönes salzig-süßes Ende.
Da ich finde, dass wir alle unbedingt regelmäßig Parmesan-Pralinen zu uns nehmen sollen (in rauhen Mengen!), habe ich das Rezept von Frau Poletto mitgebracht.
Viel Spaß beim Nachkochen!
Und hier kommt das Original-Rezept von Cornelia Poletto für gebackene Parmesan Pralinen mit Parmigiano Reggiano
So geht´s für 4 Personen:
100 g Sahne und 100 g Milch aufkochen und zusammen mit 2 Blatt eingeweichter und ausgedrückter Gelatine in einen Mixer geben. Nach und nach 250 g geriebenen Parmesan (Parmigiano Reggiano) zugeben und so lange mixen, bis eine cremige Masse entsteht. Kalt stellen.
125 g Sahne steif schlagen und mit den Händen in die gekühlte Käsemasse einarbeiten und wieder kalt stellen. Von der kalten Masse Kugeln formen und in Mehl, 1 verquirlten Ei, und einer Mischung aus 150 g fein geriebenem Parmesan (Parmigiano Reggiano) und 150 g gemahlenem Weiß- oder Toastbrot panieren. Die Panade unbedingt sehr sorgfältig festdrücken. Dann alle Pralinen ein 2. Mal panieren. Kurz in den Gefrier- oder Kühlschrank stellen.
In heißem Öl frittieren, bis die Pralinen eine umwerfend goldbraune Kruste haben. Heiß servieren, damit sie einen noch flüssigen Kern haben.
Tipps: Damit die Pralinen in dem heißen Öl nicht einfach platzen und auslaufen ist es superwichtig, dass die Panade wirklich lückenlos geschlossen ist.
Die Pralinen lassen sich am besten verarbeiten, wenn die Masse wirklich sehr gut durchgekühlt ist. Das Frosten vor dem Frittieren sorgt zusätzlich dafür, dass die Pralinen nicht platzen.
Serviert die Pralinen z.B. auf Carpaccio mit Kräutern, auf Salat oder einfach so als luxuriösen Knabberkram.
Info: Vielen Dank an das Consorzio del Parmigiano Reggiano und an Cornelia Poletto für die Einladung, den interessanten Abend und das köstliche Essen.
Credits: Alle Bilder ohne Schriftzug von Parmigiano Reggiano.
Danke für die ganzen Infos, sehr interessant! Das Menu sieht umwerfend gut aus und deine Begeisterung für die Pralinen teile ich so vom Fleck weg. Werden so bald wie möglich nachgekocht!
Wir sollten alle, immer, unbedingt viel, viel mehr Parmesan essen :) Ich liebe Käse wirklich über alles und so ein alter, gereifter Parmesan ist einmalig! Um diese tolle Veranstaltung beneide ich Dich wirklich sehr. Wie mag es da wohl gerochen haben… Welchen Wein gab es denn?
Ohhhh bitte… jetzt habe ich eine megamäßige Käse-Lust, nein, einen Parmesan-Jieper! Das grenzt an Food-Porn :-) Und diese Praline – ich WILL! Danke für diese köstlichen Impressionen!
Wow, toller Artikel und richtig tolles Rezept mit den Parmesan Pralinen! Werden wir auf jeden Fall bald nachkochen und darüber berichten…!
Wow, die Rezepte sehen echt lecker aus! Gibt’s vielleicht auch ne gute Parmesanalternative, denn da man zur Herstellung von Parmesan Lab, also Kalbmagen, benötigt, esse ich keinen mehr. :(
Danke schon mal!
Hallo Lele, leider gibt es da keine vegane Alternative, die mir bekannt wäre. Viele Grüße! Mel.
Ein toller und sehr informativer Artikel! Und da ich direkt an der Quelle lebe (nämlich in Bologna) werde ich die Pralinen beim nächsten Familienfest mit Nonna Minna zubereiten und mit Stolz sagen: der Käse kommt zwar aus Italien, das Rezept aber aus Deutschland! Ich muss mir nämlich ständig anhören, dass die deutsche Küche kaum mehr als Kartoffeln und Sauerkraut zu bieten hat.
Deren Augen werden so groß werden wie ein Laib Parmesan, juhuuu! Danke.