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Mamamarketing 2.0: Wikingerschmaus

Kinder sind seltsame Wesen. Sie akzeptieren freudig Süßigkeiten in allen möglichen (und unmöglichen) Farben, Formen und „Geschmacksrichtungen”, neigen aber zu hysterische Anfällen, wenn sich mehr als zwei Farben in einer normalen Mahlzeit zeigen. Ich habe von Kindern im Bekanntenkreis gehört, die durchdrehten, wenn Erbsen und Möhren gemischt auf dem Teller lagen und erst in der Lage waren zu essen, wenn alle Komponenten säuberlich getrennt zur Verfügung gestellt wurden. „Eiderdaus”, urteilt man da als kinderloser Unbeteiligter, „was für verzogene Gören”. „Arme Eltern” bemitleidet man die Erziehungsberechtigten aus eigener Erfahrung.

Dieses Verhalten hat nämlich nicht immer nur mit übersteigertem Trotz und Eigensinn der Kinder oder „Versagen” der Erziehungsberechtigten zu tun. Kinder begreifen Essen sehr lange ganz anders als Erwachsene. Oftmals überfordert es sie, den Geschmack von verschiedenen Zutaten zusammen zu verarbeiten. Sie essen dann lieber nacheinander. Erst die Kartoffeln, dann das Fleisch, zum Schluss die Möhren. Daher lieben sie auch Speisen, die einen neutralen Grundgeschmack und nur einen eindimensionalen Zusatz haben: Nudeln mit Tomatensoße, Pommes mit Ketchup, Kartoffeln mit Quark, Brot mit Käse, Toast mit Marmelade. Alles keine Dinge, bei denen man als Elternteil ernährungstechnisch vor Glück zusammenbricht, die dafür geschmacklich aber eindeutig und unkompliziert sind – und nur zwei Farben aufweisen. So sieht´s aus.

Glücklicherweise sind die kleinen Racker aber auch unheimlich verspielt und unterhaltungsaffin. Und so kann man sie kriegen – zumindest ab und an. Bevor man sich bei jeder Mahlzeit auf enervierende Kämpfe einlässt und damit die Ruhe bei Tisch für Jahre aufgibt, kann man dann und wann zu kleinen Tricks greifen. Mamamarketing 2.0: Entweder richtet man das Essen optisch spannend an (Beispiele findet Ihr unter anderem hier, hier und hier oder da) oder denkt sich für profane Speisen einfach tolle Namen aus. Beide Ansätze klappen astrein.

Ein voller Erfolg wurde bei uns zum Beispiel der Wikingerschmaus. Als das Kind ungefähr drei Jahre alt war, hatte er sich urplötzlich in den Kopf gesetzt, kein Gemüse mehr zu mögen. Wir führten unentwegt kontroverse Essens-Diskussionen. Das Kind bekam Schnappatmung, wenn man auch nur ein Löffelchen Gemüse auf seinem Teller geben wollte. Und dann kam mir an einem Sonntag der entscheidende Gedanke: Ich habe Frikadellen mit Erbsen, Möhren und Sauce einfach zusammengemischt und unter etwas geheimnisvollem Getue in einer großen Schüssel serviert. „Was ist das?” fragte das Kind mürrisch. „Das ist Wikingerschmaus” frohlockte ich. Das Kind riss die Augen weit auf. „Wikingerschmaus wie bei den echten Wikingern von Hey-Hey-Wickie?”. „Genau.” Das Kind war überaus beeindruckt und hat seinen Teller ratzeputze leer gegessen. Das nenne ich erfolgreiches Marketing.

Das ganze hat sich bis heute gehalten: Es gibt immernoch hin und wieder sonntags Wikingerschmaus. Und inzwischen kochen wir das Lieblingsgericht auch zusammen. Seit das Kind sein neues niedliches Kindermesser Hund bekommen hat, ist er kaum noch zu halten und zerlegt Möhren gleich kiloweise (und den Wohnzimmertisch gleich dazu, wenn ich nicht einschreite). Wir lieben Hund mit seinem kleinen Bommelschwanz sehr!

Erst werden fleißig Möhren geschnippelt, dann klingelt es an der Tür. Der Nachbarsjunge will im Garten Fußball spielen. Da hat Hund mal Pause. Während unten im Garten ein bißchen gekickt wird, prutschelt Mama schnell das Essen fertig.

Alle Wikinger zum Essenfassen!

Und so geht´s für 3 – 4 kleine Wikinger:

5 Möhren und  1 Kohlrabi schälen und in mundgerechte Stücke schneiden. 1 große Zwiebel pellen, hacken und in 1 TL Butterschmalz oder Öl in einem großen Topf anbräunen. 2 EL Tomatenmark dazu geben und kurz mitrösten. Die Gemüsewürfel ebenfalls in den Topf geben, knapp mit Wasser bedecken und mit 2 TL Salz würzen. Zum Kochen bringen und auf kleine Stufe 10 Minuten köcheln lassen. Dann 100 g TK-Erbsen, 2 EL Sojasoße und 1 Schuss Sahne unterrühren und 3 Minuten weiter köcheln. Eventuell mit etwas Kuzu oder Speisestärke nach Geschmack binden.

Unterdesssen 250 g Rinderhack mit 3 EL Semmelbrösel, 1 Ei, Salz, Pfeffer und 2 Prisen Muskatnuss verkneten und kleine Bällchen formen. Eine Pfanne erhitzen und die Bällchen bei starker Hitze runderum anbraten, bis sie braun sind. In den Topf mit dem Gemüse geben und ein paar Minuten ziehen lassen.

Mit Salzkartoffeln oder Brot servieren.